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Milliarden-Investitionen in Energie: Risiken und Chancen der Energiewende
Eine umfassende Analyse des Boston University Institute for Global Sustainability (IGS) hat 662 Energieprojekte aus 83 Ländern untersucht, die zwischen 1936 und heute realisiert wurden. Das Gesamtvolumen dieser Investitionen lag bei rund 1,25 Billionen Euro. Die Ergebnisse zeigen, dass insbesondere Atomkraftprojekte mit den höchsten Zusatzkosten und den längsten Verzögerungen verbunden sind. Bauherren und Investoren sehen sich dadurch häufig mit politischen Konflikten und Nachfinanzierungen in Milliardenhöhe konfrontiert. Auch neue Technologien wie Wasserstoff und CCS (Carbon Capture and Storage) bereiten bei Bau und Finanzierung erhebliche Schwierigkeiten und sprengen häufig Zeit- und Kostenpläne. Studienleiter Benjamin Sovacool warnt, dass diese Ergebnisse ein Warnsignal für die Wasserstoffstrategie darstellen und bezweifelt, dass der geplante Ausbau im vorgesehenen Tempo realisierbar ist.
Im Gegensatz dazu schneiden Solarparks und neue Stromtrassen besonders gut ab, viele sogar mit geringeren Kosten als ursprünglich geplant. Auch Windkraftanlagen gelten als vergleichsweise planungssicher. Ein weiteres zentrales Ergebnis der Studie: Je größer das Kraftwerk, desto größer das Risiko. Ab einer Leistung von etwa 1560 Megawatt steigen die Risiken für Zeit- und Kostenüberschreitungen deutlich. Verzögert sich ein Projekt um mehr als 87,5 Prozent der ursprünglichen Bauzeit, explodieren die Kosten. Besonders in Ländern mit schwachen Verwaltungsstrukturen können Großprojekte Jahre ins Stocken geraten, was drastische Folgen für Energiebedarf und Volkswirtschaft hat. Kleinere, modular aufgebaute Projekte bieten hier eine kalkulierbare und günstigere Alternative. Die Datenbank der Forscher ist die bisher umfassendste ihrer Art und bietet wichtige Erkenntnisse für zukünftige Investitionen in Energie-Infrastruktur.
"Erneuerbare Energien wie Wind und Solar bringen nicht nur Vorteile für Klima und Energieversorgung. Sie sind auch wirtschaftlich klüger – weniger Bauprobleme, weniger Verzögerungen." – Benjamin Sovacool, Direktor des IGS
- Atomkraftprojekte: Höchste Zusatzkosten und längste Verzögerungen
- Wasserstoff und CCS: Häufige Zeit- und Kostenüberschreitungen
- Solar- und Windkraft: Planungs- und Kostensicherheit
- Großprojekte ab 1560 MW: Deutlich erhöhtes Risiko
Infobox: Die Studie des IGS zeigt, dass erneuerbare Energien wie Solar und Wind nicht nur ökologisch, sondern auch wirtschaftlich die sicherere Wahl sind. Großprojekte bergen erhebliche Risiken, während kleinere, modulare Anlagen als zukunftsfähige Alternative gelten. (Quelle: FOCUS online)
Europas Abhängigkeit von russischer Energie: Herausforderungen beim Ausstieg
Ab 2027 will Europa den Import von russischem Gas und Öl beenden. Trotz des Krieges in der Ukraine bleibt die EU jedoch weiterhin ein bedeutender Abnehmer russischer Energieträger. Laut der britischen Denkfabrik "Ember" sind die Gas- und Flüssiggasimporte aus Russland in einigen Ländern wie Frankreich, Spanien und Belgien sogar gestiegen. Im vergangenen Jahr stammten rund 15 Prozent des nach Europa importierten Gases aus Moskau. Die EU hat im gleichen Zeitraum Öl und Gas im Wert von fast 22 Milliarden Euro aus Russland importiert, während die Finanzhilfe für die Ukraine knapp 19 Milliarden Euro betrug.
Ein zentrales Problem ist die Uneinigkeit innerhalb der EU. Länder wie die Slowakei und Ungarn sträuben sich gegen einen vollständigen Verzicht auf russisches Gas, was den gemeinsamen Ausstieg erschwert. Zudem fehlen der EU bislang schlagkräftige Instrumente, um Verstöße gegen den Ausstieg zu sanktionieren. Experten wie Andreas Schröder (ICIS) und Timm Kehler (Verband der Gas- und Wasserstoffwirtschaft) warnen, dass ohne klare Ersatzstrategien steigende Preise und Marktinstabilität drohen. Der Umstieg auf kurzfristige Verträge hat die Preisschwankungen am europäischen Markt bereits verschärft. Georg Zachmann (Thinktank Bruegel) betont, dass die Abhängigkeit von Russland Moskau die Möglichkeit gibt, einzelne EU-Staaten gegeneinander auszuspielen.
"Ohne klare Ersatzstrategien riskiert Europa steigende Preise und Marktinstabilität." – Timm Kehler, Vorstand des Verbandes "Die Gas- und Wasserstoffwirtschaft"
Importe 2024 | Wert in Mrd. Euro |
---|---|
Öl und Gas aus Russland | 22 |
Finanzhilfe für Ukraine | 19 |
- 15 Prozent des importierten Gases in Europa stammt aus Russland
- Uneinigkeit in der EU erschwert den Ausstieg
- Fehlende Sanktionsmechanismen gegen Verstöße
- Steigende Preise und Marktinstabilität als Risiko
Infobox: Die EU steht vor der Herausforderung, bis 2027 unabhängig von russischer Energie zu werden. Uneinigkeit und fehlende Strategien gefährden jedoch einen reibungslosen Ausstieg und könnten zu Preisschwankungen führen. (Quelle: ProSieben)
China auf dem Weg zur Energie-Dominanz: Elektrifizierung und erneuerbare Energien
China verfolgt seit 2014 eine umfassende Energierevolution. 2022 machte Kohle noch 61 Prozent des Energieverbrauchs aus, doch der Anteil erneuerbarer Energien steigt rasant. Zwischen 2015 und 2023 sank die Kohleverstromung um zehn Prozent, während der Strombedarf pro Kopf von etwa 4 auf 6 Megawattstunden stieg. Allein zwischen 2022 und 2023 stieg der Stromverbrauch um 6,7 Prozent, was 606 Terawattstunden entspricht – mehr als Deutschland in einem Jahr benötigt (2024: 516 TWh). 46 Prozent dieses Mehrbedarfs wurden durch Wind und Solar gedeckt, weitere 7,4 Prozent durch Biomasse und Atomkraft.
Die Internationalen Energieagentur (IEA) erwartet, dass 2025 der Höhepunkt des Kohlestroms in China erreicht ist und 2028 über 50 Prozent des Stromverbrauchs aus erneuerbaren Quellen stammen werden. Auch die Elektrifizierung schreitet voran: 2025 sollen erstmals mehr Elektroautos als Verbrenner verkauft werden, mit einer Verdopplung der E-Auto-Verkäufe auf 12,5 Millionen zwischen 2022 und 2025. Über 30 Prozent der Energie in der Industrie ist bereits verstromt, und das Schienennetz umfasst 45.000 Kilometer. Bis 2030 investiert China 800 Milliarden Dollar in den Netzausbau, um Strom aus erneuerbaren Quellen landesweit zu verteilen.
- 2022: 61 Prozent des Energieverbrauchs aus Kohle
- 2015–2023: Kohleverstromung um 10 Prozent gesunken
- 2022–2023: Stromverbrauch um 606 TWh gestiegen, 46 Prozent davon durch Wind und Solar gedeckt
- 2025: Erwarteter Höhepunkt des Kohlestroms
- 2028: Über 50 Prozent des Stromverbrauchs aus Erneuerbaren erwartet
- 2025: 12,5 Millionen E-Auto-Verkäufe prognostiziert
- 800 Milliarden Dollar Investitionen in Netzausbau bis 2030
Infobox: China setzt auf massive Elektrifizierung und den Ausbau erneuerbarer Energien, um energiepolitisch unabhängig zu werden und die Klimaziele bis 2060 zu erreichen. (Quelle: Merkur)
Wärmepumpe als bevorzugte Heizlösung in Thüringen
Im Jahr 2024 wurden in Thüringen 73,9 Prozent der 1.193 bezugsfertigen Wohngebäude primär mit erneuerbaren Energien beheizt, wie das Statistische Landesamt in Erfurt mitteilt. Dabei dominieren Luft-Wasser-Wärmepumpen und Geothermieanlagen. Der Anteil der Gasheizungen sank auf 16,9 Prozent, was einen Rückgang von sieben Prozentpunkten gegenüber dem Vorjahr bedeutet. In weniger als einem Prozent der Neubauten wurde eine Ölheizung installiert.
Zusätzlich entschieden sich 59,5 Prozent der Bauherren für eine Zusatzheizung, wobei Holzheizungen vor Solaranlagen dominierten. Fast jedes dritte neue Wohngebäude ist somit zusätzlich mit einer Holzheizung oder einer Solaranlage ausgestattet.
Heizsystem | Anteil an Neubauten (%) |
---|---|
Wärmepumpe/Erneuerbare | 73,9 |
Gasheizung | 16,9 |
Ölheizung | <1 |
- 59,5 Prozent der Bauherren wählen eine Zusatzheizung
- Holzheizungen dominieren vor Solaranlagen
Infobox: Die Wärmepumpe ist in Thüringen die bevorzugte Heizlösung bei Neubauten, während der Anteil fossiler Heizsysteme weiter sinkt. (Quelle: STERN.de)
Metallpulver als langfristiger Energiespeicher: Neue Ansätze für die Energiewende
Das Forschungsfeld Energy and Environment (E+E) der TU Darmstadt hat in einem Insight Paper die Potenziale von Metallpulvern, insbesondere Eisen, als langfristige Energiespeicher untersucht. Eisen verfügt über eine hohe Energiedichte, kann CO2-frei verbrannt und in einem geschlossenen Kreislauf verlustfrei regeneriert werden. Es lässt sich sicher lagern, transportieren und in bestehende Infrastrukturen integrieren. Als Ergänzung zu grünen Gasen wie Wasserstoff und Ammoniak bietet Eisen eine skalierbare Option für die saisonale Speicherung und Nutzung erneuerbarer Energien.
Die Herausforderung der Energiewende besteht darin, langfristige Schwankungen im Energieangebot auszugleichen, etwa wenn Energieüberschüsse aus dem Sommer für die Gebäudeheizung im Winter genutzt werden sollen. Während kurzfristige Schwankungen bereits mit Pumpspeichern und Batterien überbrückt werden können, fehlt es bislang an Lösungen für saisonale Speicher. Metallpulver könnten hier eine entscheidende Rolle spielen, insbesondere für industrielle Anwendungen, bei denen Prozesswärme benötigt wird.
- Eisen als Energiespeicher: Hohe Energiedichte, CO2-frei, verlustfrei regenerierbar
- Sichere Lagerung und Transport möglich
- Skalierbare Option für saisonale Speicherung
- Ergänzung zu Wasserstoff und Ammoniak
Infobox: Metallpulver, insbesondere Eisen, bieten laut TU Darmstadt eine vielversprechende Lösung für die langfristige und saisonale Speicherung erneuerbarer Energien. (Quelle: ingenieur.de)
Quellen:
- Wo Milliarden-Investitionen in Energie aus dem Ruder laufen - und wo nicht
- Kann sich Europa ganz von russischer Energie verabschieden?
- Stammtischformat zu Energie-Themen in Bingen
- Der erste vollelektrische Staat? China auf dem Pfad zur Energie-Dominanz
- Erneuerbare Energie: Wärmepumpe ist meist erste Wahl bei Thüringer Bauherren
- Metallpulver als langfristiger Energiespeicher